Awareness Leitfaden

Alle Personen, die Öffnungszeiten im Queeren Zentrum betreuen, sollen mit diesem Leitfaden vertraut sein. Als Awarenessperson kannst du angesprochen werden. Du kannst gemeinsam mit der Person, die dich anspricht oder auch selbstständig im Leitfaden "Du Ich Wir und diese Strukturen" nachschauen, wie eine Situation zu bearbeiten ist. Achte während einer Situation auch auf dich und deine Bedarfe/ Bedürfnisse.

Eine Person kommt auf dich zu, so könnte das dann aussehen:
Schritt 1: Du stellst dich vor, erklärst den Awareness-Raum bzw. die Begegnung und versuchst, Ruhe auszustrahlen.
Schritt 2: Du signalisiert deinem Gegenüber, dass der Fokus auf ihm liegt und dass ihr ganz viel Zeit habt und es keine Eile gibt. Und du weist (nochmal) darauf hin, dass alles, was besprochen wird, zwischen euch bleibt. Und dass ihr alleine seid und euch voraussichtlich niemand stören wird.
Schritt 3: Du fragst dein Gegenüber nach Bedürfnissen und Anliegen.
Schritt 4: Du richtest dich nach den Anliegen und Bedürfnissen deines Gegenübers. Falls gewünscht, biete Unterstützungsmöglichkeiten an (s.u.).
Schritt 5: Bleib solange im Raum, bis dein Gegenüber den Raum verlässt oder sagt, dass mensch alleine sein möchte. Strahle einfach Ruhe aus und konzentrier dich auf dein Gegenüber.

Unterstützungsmöglichkeiten

  • entschleunigen und klar machen, dass die Person, die auf dich zugekommen ist, jetzt die Kontrolle hat und dass nichts passieren muss (aber kann)

  • achtsam zuhören, wenn von der Situation erzählt wird

  • empathisch, verständnisvoll darauf reagieren

  • Fokus liegt auf der Person, die auf dich zukommt

  • falls gewünscht, die diskriminierende/verletzende/gewaltausübende Person mit ihrem Verhalten konfrontieren und, wenn notwendig, des Raumes verweisen (lassen) -> Moderation/Orga

  • wenn von betroffener Person gewünscht (und für unterstützende Person möglich): trösten, bestärken, empowern

  • ggf. Animation zur und Unterstützung bei Externalisierung aufgestauter Gefühle (schimpfen, fluchen, weinen, jammern, schreien, …)


Grundsätze von Awareness-Arbeit:

  • Ursprung in feministischen, queeren und abolitionistischen (Polizei+Gefängnis Kritik) Bewegungen, zum Beispiel Transformative Justice Ansätze (entwickelt von BIPoC Communities) -> staatliche Institutionen schützen mehrfachdiskriminierte Menschen nicht vor Gewalt, sondern üben oft selbst noch mehr strukturelle Gewalt aus. Awareness-Konzept soll daher ein gelungenes Zusammensein ermöglichen, ohne Polizei etc. Trotzdem kann es auch Situationen geben, in denen wir nicht darum herum kommen, die Polizei zu rufen, aber erstmal wollen wir es vermeiden.

  • auch aktiv auf Menschen zugehen und vorsichtig nachfragen, ob alles okay ist, wenn sich Menschen nicht von sich aus an dich wenden (die Antwort annehmen)

  • parteiisch sein für die Person und Erfahrungen nicht anzweifeln

  • Aufmerksamkeit liegt auf der Person, die verletzt wurde, und nicht auf der Person, die verletzt hat

  • gemeinsam erforschen, was die Bedürfnisse der Person sind, z.B. durch aktives Zuhören und sensibles Nachfragen

  • Unterstützung bei der Umsetzung der Bedürfnisse

  • manchmal gibt es mehrere Menschen, die verletzt wurden

  • manchmal haben sich Menschen gegenseitig verletzt

  • manchmal ist es gut, sich Hilfe von außen zu holen

  • die meisten Awareness-Personen sind nicht qualifiziert als psychosoziale Fachkräfte (eigene Grenzen kennen)

    • Bei Notfällen ist es wichtig, ausgebildete Fachkräfte hinzu zu ziehen

    • Es gibt eine Liste von Notfallkontakten ebenso wie eine Liste von perspektivischen Beratungs- & Anlaufstellen

  • eventuell später nochmal nachfragen, ob Menschen noch später Gesprächsbedarf haben

  • Pausen machen